14. Januar 2009 Wenn über Experimente mit Stammzellen berichtet wird, taucht - nicht selten als verheißungsvoller Ausblick am Ende - ein Satz oder Halbsatz immer wieder auf: Denkbar wäre, dass mit dem vorgestellten Verfahren auch die Teilung der körpereigenen Stammzellen und schließlich die Regeneration des geschädigten Gewebes erreicht werden könnte. Ein verlockendes Konzept. Ein paar Zellen werden transplantiert, Wirkstoffe gespritzt, und schon wachsen die funktionsuntüchtigen Zellen des eigenen Körpers, womöglich gar ein ganzes Organ, nach. Fast eine Art Selbstheilung.
Nur wer sich die hochkomplexen physiologischen Prozesse im menschlichen Körper so vereinfacht vorstellt, kann nachvollziehen, wie es zu der Begeisterung kam, über die vor wenigen Tagen nach einer Publikation britischer Stammzellforscher hier und da zu lesen war ("Cell Stem Cell", Bd. 4, S. 62). Müssen möglicherweise Therapiestrategien überdacht, die Pläne umgeschrieben werden? Könnte die Regeneration am Ende die Transplantation großer Mengen Zellen überflüssig machen? Eine kleine Regenerationspille nach dem Herzinfarkt oder ein paar Injektionen mit Wachstumsfaktoren nach der Parkinson-Diagnose?
Basisexperimente an Mäusen
Ein Reihe von Veröffentlichungen haben zuletzt solche keineswegs unsympathischen Überlegungen durchaus befördert. Doch wie immer, wenn man die Publikationen über Stammzellexperimente genau liest, wird darin auch sehr deutlich, wie unentschieden die Regenerationsmedizin - von wenigen Ausnahmen der Knochenmarktherapie abgesehen - in der Wahl sowohl ihrer Agenzien und Zellen wie ihrer potentiellen Zellersatzverfahren tatsächlich noch ist.
Die Experimente stecken in ihren frühesten Stadien. Denn tatsächlich handelt es sich wie im Fall der Knochenmarkexperimente von Sara Rankin und Simon Pitchford am Imperial College in London fast immer noch um Basisexperimente an Mäusen. Den englischen Forschern war es gelungen, Stammzellen im Knochenmark der Tiere so zu manipulieren, dass im Blut plötzlich in erstaunlichen Mengen mesenchymale und endotheliale Vorläuferzellen auftauchten - Zellen, die, wenn auch in deutlich geringerer Zahl, nach Entzündungen oder Gewebeschäden im Blut zirkulieren und mutmaßlich an der Regeneration von geschädigtem Gewebe beteiligt sind.
Medizinische Hoffnungen
Vor allem die mesenchymalen Vorläuferzellen gelten in dieser Hinsicht als wertvoll, denn sie haben ihr Potential, sich in verschiedenartige Körperzellen der Knochen, Knorpel, des Fett- und Nervengewebes oder des Herzmuskels zu verwandeln, schon in der Petrischale unter Beweis gestellt. Zudem beeinflussen sie mitunter Immunzellen so günstig, dass man mit ihrer Hilfe hofft, Autoimmunleiden in den Griff zu bekommen.
Die Hoffnung der Mediziner richtet sich in diesem Fall auf das Verfahren selbst: Mit einem Cocktail zweier Wachstumsfaktoren, die teilweise schon nach Transplantationen für die Regeneration des Knochenmarks verwendet werden, und einem neuen Wirkstoff, der den Chemokinrezeptor CXCR4 auf Knochenmarkstammzellen blockiert, hat man gezielt und eben nicht wahllos die gewünschten Stammzelltrupps mobilisieren können.
Doch wie gesagt, die Experimente in London waren die ersten in diese Richtung. Sie haben nicht einmal gezeigt, dass die im Blut zirkulierenden Zellen ihr Regenerationspotential auch tatsächlich ausspielen und etwa zerstörtes Gewebe ersetzen.
Stammzellen im Herzmuskel
Bemerkenswerte Regenerationspotentiale von Körperstammzellen haben auch Kardiologen des Max-Delbrück-Centrums in Berlin kürzlich präsentiert. Sie hatten in den "Proceedings" der amerikanischen Nationalen Akademie der Wissenschaften (doi: 10.1073/pnas.0808393105) darüber berichtet, wie sich die im Herzmuskel versteckten Stammzellen gezielt rekrutieren lassen. Schaltet man das Gen für Beta-Catenin aus, ein Protein, das am Aufbau der Zellkontakte beteiligt ist und zudem die Herzentwicklung im Embryo mitsteuert, werden die Stammzellen offenbar aktiv und vermögen nach einem künstlich herbeigeführten Herzinfarkt, zumindest teilweise das Gewebe zu regenerieren.
Die Pumpleistung habe sich nach vier Wochen messbar verbessert, berichtete die Gruppe um Laura Zelarayán und Martin Bergmann. Doch weder gibt es auch in diesem Fall aussagekräftige Vergleichsexperimente, noch lassen sich die Ergebnisse ohne weiteres auf den Menschen übertragen.
Gleiches gilt für die Ergebnisse, die Joseph Yanai und sein Team an hirngeschädigten Mäusen erzielt hatten. In der Zeitschrift "Molecular Psychiatry" (Bd. 2007, S.1) berichteten die Forscher, wie sie mit Drogen herbeigeführte Hirnläsionen durch das Einpflanzen neuronaler Vorläuferzellen nahezu beseitigten. Obwohl weniger als drei von zehntausend der transplantierten Zellen überlebten, wurden die "Löcher" im Hirngewebe der Tiere gefüllt. Offensichtlich seien mit den eingepflanzten Zellen Faktoren aktiviert worden, welche die Regeneration des Hirngewebes maßgeblich forcierten.
Schläferzellen
Welches Potential, theoretisch jedenfalls, in der kontrollierten Rekrutierung körpereigener Zellen liegen könnte, hat nicht zuletzt die deutsch-schweizerische Gruppe um Andreas Trumpp und Anne Wilson vom Deutschen Krebsforschungszentrum jüngst in der Zeitschrift "Cell" (Bd. 135, S. 1118) gezeigt. Sie hatten bei Mäusen "schlafende" Knochenmark-Stammzellen entdeckt. Übertragen auf den Menschen, teilen sich diese Zellen praktisch nur alle 18 Jahre. Sie schonen sich, und zwar für einen Einsatz, der möglicherweise erst nach einer schweren Blutkrankheit gekommen sein könnte. Ein unschätzbares Reservoir an den möglicherweise potentesten aller Körperstammzellen.
Ihr Potential zur Selbsterneuerung zumindest ist bemerkenswert. Aus einzelnen Zellen wurde in Mäusen das gesamte Knochenmark erneuert. Vermutlich aber haben solche "Schläfer" auch andere Seiten. Stammzellen, die Krebs erzeugen, so mutmaßen die Forscher, könnten ebenfalls in diesem Zustand verharren. Damit ist eine der Herausforderungen, die auch den vermeintlich minimalinvasiven Eingriffen zur Selbsterneuerung mit sich bringen, angesprochen. Die Frage nämlich nach dem Tumorpotential dieser wie auch immer künstlich mobilisierbaren Körperzellen. Sie ist bisher auch im Ansatz noch nicht beantwortet.
Registriert: Di 14. Okt 2008, 19:56 Beiträge: 770 Wohnort: Im Herzen Westfalens!
Wenn mit der nötigen Vorsicht vorgegangen wird ok, obwohl es bedenklich ist ein Leben so zu verlängern. Hochrechnungen zu folge brauchen wir in 50 Jahren ca. 3 weitere ERden um die Bewohner unseres Plantens ernähren zu können, und wie es auch anders sein sollte ist dieser Bevölkerungswachstum besonders in armen Länder zu verzeichnen. Back to Topic, subjektiv ist es klar, dass man das Leben des geliebten Menschen verlängern will, objektiv brechen wir aber alle Regeln der Natur. Und wie man weiss gewinnt die Natur am Ende! Folgen nicht abzusehen ...
_________________ "Keine Staatsform bietet ein Bild hässlicherer Entartung, als wenn die Wohlhabendsten für die Besten gehalten werden." (Cicero)
Wenn mit der nötigen Vorsicht vorgegangen wird ok, obwohl es bedenklich ist ein Leben so zu verlängern. Hochrechnungen zu folge brauchen wir in 50 Jahren ca. 3 weitere ERden um die Bewohner unseres Plantens ernähren zu können, und wie es auch anders sein sollte ist dieser Bevölkerungswachstum besonders in armen Länder zu verzeichnen. Back to Topic, subjektiv ist es klar, dass man das Leben des geliebten Menschen verlängern will, objektiv brechen wir aber alle Regeln der Natur. Und wie man weiss gewinnt die Natur am Ende! Folgen nicht abzusehen ...
naja eig. brechen wir die regeln der natur ja nicht, sondern nutzen nur die vorhandenen regeln und spielen mit ihnen rum...
ich find den artikel zumindest sehr interessant und bin zudem froh, dass hier noch nich irgendein stammzellengegner ein wahres gewitter an unsachlichen argumenten dagegen gebracht hat...
Registriert: Di 14. Okt 2008, 19:56 Beiträge: 770 Wohnort: Im Herzen Westfalens!
Rudolf hat geschrieben:
naja eig. brechen wir die regeln der natur ja nicht, sondern nutzen nur die vorhandenen regeln und spielen mit ihnen rum...
ich find den artikel zumindest sehr interessant und bin zudem froh, dass hier noch nich irgendein stammzellengegner ein wahres gewitter an unsachlichen argumenten dagegen gebracht hat...
Ok, nicht brechen ... aber mit Regeln spielen wo man die Folgen nicht absehen kann ... Oder kannst du mir sagen, was passiert wenn jedes Leben zusätzlich um 5 Jahre verlängert wird? Die natürliche Selektion wird beeinflusst, was dann schon einen Regelbruch darstellen würde. Zugegeben, ich bin kein Biologe und kenn mich mit der Materie nicht aus. Aber die Politiker, die letztendlich entscheiden, sind auch Laien. Hoffen wir mal, dass unsere Politiker ein geschicktes Händchen haben ...
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naja eig. brechen wir die regeln der natur ja nicht, sondern nutzen nur die vorhandenen regeln und spielen mit ihnen rum...
ich find den artikel zumindest sehr interessant und bin zudem froh, dass hier noch nich irgendein stammzellengegner ein wahres gewitter an unsachlichen argumenten dagegen gebracht hat...
Ok, nicht brechen ... aber mit Regeln spielen wo man die Folgen nicht absehen kann ... Oder kannst du mir sagen, was passiert wenn jedes Leben zusätzlich um 5 Jahre verlängert wird? Die natürliche Selektion wird beeinflusst, was dann schon einen Regelbruch darstellen würde. Zugegeben, ich bin kein Biologe und kenn mich mit der Materie nicht aus. Aber die Politiker, die letztendlich entscheiden, sind auch Laien. Hoffen wir mal, dass unsere Politiker ein geschicktes Händchen haben ...
GENAU DAS IS DAS PROBLEM!!!
ich bin biologe und die politiker die laien sind,entscheiden über die zukunft solch wichtiger entwicklungen...
es ist vollkommen in ordnung, dass man nicht am menschlichen genom rumspielen darf wie man will... das regeln die gesetze ja auch, aber das was hier beschrieben wird ist was anderes. besonders bei autoimmunerkrankungen und schädigungen des nervensystems, sowie in der transplantationschirurgie, sind viele der beschriebenen methoden ganga und gebe, nur dass das keiner weiß. diese sachen, fallen auch nicht direkt unter die entsprechenden gesetze...
aber viele entscheidungen der politiker sind einfach sinnlos... was biotechnologen zum beispiel für extrem strenge sicherheitsbestimmungen einhalten müssen, wenn prozesse mit genetisch veränderten organismen entwickelt werden is nich mehr schön... und das obwohl es echt äußerst ungefährlich ist...
aber naja da wird das böse wort gentechnik erwähnt und schon ist es schlecht... danke rtl für die leute die denken sie werden zu salat, wenn sie gentechnisch verändertes gemüse essen... omg... peinlich
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